Dehydratation
(Flüssigkeitsverlust) verfasst von V.Erb (Februar 1999)
- Risiken
- Ursachen
- Symptome
- Therapie
- Vorbeugung
Warum eigentlich dieses Thema? Ich befinde mich doch im Wasser! Ich soll mehr Flüssigkeit verlieren als ein anderer Sportler? Und dieser Umstand soll auch noch mein DCS-Risiko erhöhen? Viele Taucher werden sich diese Fragen vielleicht stellen, doch gerade der Flüssigkeitsmangel beim Tauchen stellt ein ernstzunehmendes Gefahrenpotential dar.
Allgemeines:
Der Flüssigkeitsanteil im menschlichen Körper ist altersabhängig und liegt zwischen 55-75% des Körpergewichtes. Bei Frauen liegt der Körperwassergehalt ca. 5-10% unter dem von gleichaltrigen Männern. Dieser Unterschied erklärt sich durch den erhöhten Körperfettgehalt. 2/3 der Gesamtkörperflüssigkeit befindet sich in den Körperzellen (auch intrazelluläre Flüssigkeit). Der Rest (extrazelluläre Flüssigkeit) befindet sich außerhalb der Zellen (Blutplasma, Lymph- und Gewebsflüssigkeit).
Am Tag verliert der Körper über verschiedene Wege durchschnittlich folgende Mengen an Flüssigkeit:
Haut 19%
normal: 475ml/Tag
maximal bis zu 1600ml/Tag
Lungen 15%
in Ruhe: 375ml/Tag
Nieren 60%
1500ml/Tag
Darm 6%
150ml/Tag
Also ingesamt: 2500ml/Tag
Dies sind wohlgemerkt Durchschnittswerte! Beim Sport, körperlicher Anstrengung oder in tropischen Ländern kann sich dieser Wert stark erhöhen.
Risiken des Flüssigkeitsverlustes:
Konzentrationsschwächen sind erste Anzeichen für einen Flüssigkeitsmangel.
Störungen im Herz-Kreislauf-System und im Wasser-Elektrolyt-Haushalt sind bereits ernstzunehmende Auswirkungen.
Auch besteht ein erhöhtes Risiko einer Deko-Krankheit. Die Reduktion des Plasmavolumens führt zu einem erhöhten Anteil der Blutzellenbestandteile und somit zu verschlechterten Fliesseigenschaften des Blutes. Dies kann zu einem verminderten Durchfluss einzelner Gewebeabschnitte führen und zum verzögerten Abtransport von Stickstoff aus den Geweben. Die Folge kann eine verlangsamte Stickstoff-Entsättigung sein.
Nicht eindeutig belegt, aber durchaus denkbar, ist ein erhöhtes Risiko für einen Tiefenrausch!
Ursachen
Eine Dehydratation vor dem Tauchgang entsteht meist durch mangelnde Flüssigkeitszufuhr. Die in den allseits beliebten Getränken enthaltenen Inhaltsstoffe (Coffein, Teein und Alkohol) erhöhen noch die Flüssigkeitsausscheidung. Sonne, Hitze und trockene Luft sind ebenfalls Faktoren, die hohe Flüssigkeitsverluste verursachen können, besonders in den tropischen Urlaubsorten. Der Tauchanzug, der uns ja eigentlich vor Auskühlung bewahren soll, wirkt im Vorfeld des Tauchgeschehens oft als Wärmestau und kann zu Überhitzungen mit erhöhter Schweißproduktion führen. Der Flüssigkeitsverlust infolge von Erbrechen, Seekrankheit und Durchfall, kann bedrohliche Formen annehmen. Gerade beim Aufenthalt in südlichen Regionen kommt es häufiger zu derartigen, oft kurzfristigen Magen-Darm-Beschwerden.
Auch der Tauchgang selbst kann eine Dehydration verursachen bzw. verschlimmern. Beim Tauchgang erfolgt keinerlei Flüssigkeitszufuhr, obwohl es eigentlich möglich wäre („Sunkist“). Körperliche Anstrengung (Strömung, ungewohnte Ausrüstung, Lösen des Ankers,…) vermehrt zudem ebenfalls die Schweißproduktion.
Um die Tauchflasche vor innerer Korrosion und Vereisung zu schützen, wird die Atemluft zuvor getrocknet. Die Aufgabe der Atemwege jedoch ist die Erwärmung und Anfeuchtung der Einatemluft. Zum Schutz der Schleimhäute müssen bei trockener Pressluft große Mengen Sekret gebildet werden, wodurch dem Organismus zusätzlich Flüssigkeit entzogen wird. Durch die Druckerhöhung, Aufregung, ungewohnte Situationen und besonders bei Anfängern werden größere Gasmengen ausgetauscht, die ebenfalls angefeuchtet werden müssen.
Die Ausscheidungen durch die Nieren sind normalerweise die Hauptursachen für eine Dehydratation. Warum verspürt man aber nach so manchem Tauchgang ein unwiderstehliches Bedürfnis das stille Örtchen oder den nächsten Baum aufzusuchen? Nicht jeder kommt diesem Verlangen bereits unter Wasser nach (im Trocki nicht sehr angenehm und für manches Gewässer gar nicht gut). Deshalb wird im Folgenden die sog. Taucherdiurese etwas genauer betrachtet:
Durch die gleichmäßige Druckbelastung von allen Seiten, fließt weniger Blut in die Extremitäten, d.h. der venöse Rückfluss steigt. Es kommt zu einer vermehrten Ansammlung im Körperkern, Brustbereich und Herz. Die gute Durchblutung führt zu einer erhöhten Nierentätigkeit. Durch die stärkere Dehnung schüttet der rechte Herz-Vorhof ein Hormon aus, das die Wasserausscheidung durch die Niere steigert. Die Folge ist ein zusätzlicher Flüssigkeitsverlust zwischen 200 – 600ml!
Symptome
Hier unterscheidet man verschiedene Stufen der Dehydratation:
- leichte Dehydratation (2-5% Blutvolumenverlust)
- Durstgefühl
- trockene Schleimhäute
- schneller Pulsschlag
- verringerte Urinproduktion
- dunkler Urin
- Übelkeit
- Müdigkeit
- Abnahme der körperl. Leistungsfähigkeit
- mäßige Dehydratation (5-10% Blutvolumenverlust)
- Kopfschmerz
- Schwindel
- schwere Dehydratation (10-20% Blutvolumenverlust)
- Seh- und Hörstörungen
- verminderte Hautspannung (Hautfaltentest)
- beginnendes Delirium
Schon 2% Reduktion des Plasmavolumens führen zu einer verminderten Belastbarkeit und Leistungsfähigkeit!
Im folgenden sind noch mal die wichtigsten Symptome zusammengefaßt:
- Durst
- trockene Schleimhäute
- Konzentrationsschwäche
- Müdigkeit
- Extremfall: stehende Hautfalten
Therapie
- aus Hitze und Sonne entfernen
- Anzug ausziehen
- kühle Umschläge
- Infusionslösungen
- orale Flüssigkeitszufuhr
Beim letzten Punkt ist es nicht nur wichtig viel zu trinken, sondern auch Andere zum Trinken zu animieren (natürlich nur die geeigneten Getränke! Aber davon später).
Flüssigkeits- und Elektrolytausgleich
Da Wasser hauptsächlich im Dünndarm aufgenommen wird, ist die Magenpassagezeit ein wesentliches Kriterium für die Verfügbarkeit der Flüssigkeitsmenge für die Rehydratation. Hierbei ist die Menge an Kohlenhydraten der wichtigste Einflussfaktor. Konzentrationen über 5% verlangsamen die Magenentleerungsrate deutlich. Die Aufnahme der Flüssigkeit im Dünndarm selbst stellt einen passiven Prozeß dar. Neben osmotischen Kräften wirkt hier der sog. „gelöste Teilchen-Sog“.
Glucose- und Natriumzugaben aktivieren dagegen einen aktiven Transportprozess und erhöhen gleichzeitig die Wasseraufnahme. Sowohl sehr kalte (4°C) als auch sehr warme Getränke unterdrücken die Bewegung der Magenmuskulatur und verzögern die Magenentleerung. Getränke mit einer Temperatur um 37°C zeigen die kürzeste Passagezeit.
Verschieden Getränke und ihre rehydrierende Wirkung
gut | mäßig | fraglich | schlecht |
Wasser mit Zuckerzusatz (< 5%), z.B. leicht gesüßter Tee
isotone Sportgetränke (6-8% Kohlenhydrate, 20-25 mmol Na+)
Sonstiges: Zusatz einer Prise Salz Getränke mit Körpertemperatur |
Wasser
Mineralwasser |
verd. Fruchtsäfte
verd. Erfrischungsgetränke (colahaltig) |
unverd. Fruchtsäfte
unverd. Erfrischungsgetränke
Sonstiges: Coffein/Teein Alkohol kalte/heiße Getränke |
Vorbeugung ist immer besser als Therapie!
Bei gemäßigter Umgebungstemperatur und wenig Anstrengung braucht ein erwachsener Mensch 2-3l Flüssigkeit pro Tag. in den Tropen hingegen kann der Bedarf bis auf 10l pro Tag ansteigen!
Durst alleine ist kein zuverlässiges Anzeichen für die fehlende Flüssigkeitsmenge!
Was kann ich also tun, um eine Dehydratation und ihre möglichen Folgen zu vermeiden?
- 2h vor dem Tauchgang 500-700ml Flüssigkeit trinken (die Richtige!)
- kurz vor dem TG nochmals kleine Mengen trinken
- zwischen und nach dem Tauchen ausreichende Flüssigkeitsaufnahme (besonders wichtig!)
- ideale Getränke haben Körpertemperatur
- geeignet sind leicht gesüßter warmer Tee oder isotone Elektrolytgetränke
- kein Coffein/Teein oder Alkohol vor dem Tauchen
- vor und während dem Fliegen nach Tauchgängen, an ausreichende Flüssigkeitsversorgung denken (reduzierter Kabinendruck <-> trockene Luft)
Literatur:
Almeling, Böhm, Welslau: Handbuch Tauch- und Hyperbarmedizin, ecomed Verlagsgesellschaft AG & Co KG (1998)
http://www.ecomed.de